Die Situation:
Die spinale Muskelatrophie Typ 1 (SMA1) ist eine fortschreitende monogenetische autosomal rezessive Motoneuronerkrankung mit infantilem Beginn, die durch Nichterreichen der motorischen Meilensteine und die Notwendigkeit dauerhafter Beatmung oder den frühzeitigen Tod um das 2. Lebensjahr gekennzeichnet ist. Sie ist durch den Verlust des Survival Motor Neuron 1 Gens (SMN1) verursacht.
AveXis, ein US-Unternehmen, hat ein geniales gentechnisches Medikament konstruiert: Zolgensma.
Zolgensma ist ein Gencarrier, der die Bluthirnschranke überwindet und Neugeborene mit einem diagnostizierten Gendefekt im SMA-Gen ein funktionales SMA-Gen zur Verfügung stellt.
Detailliert funktioniert der Mechanismus wie folgt:
- appliziert wird eine funktionale SMN1-Gen Kopie, verpackt in eine adeno-assoziierte Virushülle
- Zolgensma überwindet die Blut-Hirn-Schranke, wodurch im Vergleich zu anderen Therapien keine schmerzhafte spinale Injektion nötig ist
- der Gencarrier erreicht die zentralnervösen Neuronen im gesamten Rückenmark
- das gesunde SMN1 Gen wird dort und im peripheren Gewebe exprimiert
Das Novum
es genügt eine einzige Infusion mit dem Gencarrier um eine lebenslange Wirkung zu erzielen! Die innerhalb der Zulassungsstudie in den USA behandelten Kinder zeigen nachhaltig eine sehr positive Entwicklung.
- In einer Studie erhielten 15 an SMA 1 erkrankte Kinder eine Infusion mit Zolgensma.
- mehr als 24 Monaten nach der Infusion leben noch allen Kindern und zeigen eine deutlich verbesserte neuro-muskuläre Leistung.
Zolgensma ist definitiv ein medizinscher Meilenstein – sowohl
als Medikament und noch mehr das Know-how von AveXis. Das hat auch Novartis
gesehen und das Unternehmen für 7,8 Milliarden Euro gekauft. Mit dieser Technik
erscheint Zolgensma der Anfang einer neuen Generation von kausal wirkenden
Gentherapien – ein medizin-strategischer Glücksgriff für Novartis.
Das Problem: die Kommunikation des Pricings.
Novartis beschließt 2 Millionen € per Therapie. Errechnet werden die Kosten aus der Vergleichstherapie, welche 100.000-€ per Behandlung kostet – aber eben nicht einmalig, sondern dauerhaft immer wieder gegeben werden muss.
Die Chance – die Botschaft von Novartis hätte also sein müssen:
„Wir stellen eine innovative, bessere Therapie für die spinale Muskelatrophie Typ 1 zur Verfügung für die Hälfte der Kosten der bisherigen verfügbaren Therapie.“
„Gleichzeitig beantragen wir das bereits verfügbare deutsche Härtefallprogramm, um auch vor der Zulassung von Zolgensma in der EU durch die EMA betroffenen Kindern, Eltern und Ärzten/Innen helfen zu können.
Die Entscheidung über den Einsatz von Zolgensma liegt bei den behandelten Ärzten/Innen in den Kompetenzzentren.“
Stattdessen:
– muss das 2 Millionen Preisschild verteidigt werden.
– ist der Zugang in der EU verzögert (verzögerte Zulassung)
– die Hoffnung der betroffenen Eltern nach der lebensrettenden Spritze geweckt
– die Krankenkassen und die Fachärzte überrollt von den verzweifelten Eltern und deren Anwälten
Stattdessen,
lobt Novartis aus: 100 SMA 1 Kinder bekommen monatlich die Zolgensma Spritze. Weltweit, kostenlos …. Eine Lotterie. Und kommt damit auf die Titelseiten – in allen Medienkanälen. Nur sind es nicht die Schlagzeilen die man als seriöses Unternehmen haben möchte. Nur – eine Lotterie mit einem Medikament – fordert das natürlich heraus.
Die Kriterien der Lotterie – Unklar. Es soll einen Ethikrat geben. Wer ist da drin? Wo wird über das Prozedere aufgeklärt????
Ist die Zolgensma Lotterie nur eine schlechte Marketingstrategie? Das Ansehen und die Seriosität von Novartis sind sicherlich nicht gestiegen. Dabei hatte Novartis alle Trümpfe in der Hand.